Bürgerpolizisten bringen nur gefühlte Sicherheit

Die Gemeinden kämpfen seit Jahren mit Grenzkriminalität. Mehr Präsenz und Kontrollen können daran wenig ändern.

von R. Kühr und T. Christmann

Bürgerpolizist Gottfried Siegert spricht mit Reinhard Vogt, dem Leiter des Jonsdorfer Bauhofs. Zwischen Hartau und Jonsdorf ist Gottfried Siegert die Woche über unterwegs, ab und zu auch mit tschechischen Kollegen.Foto: Rafael Sampedro

Bürgerpolizist Gottfried Siegert spricht mit Reinhard Vogt, dem Leiter des Jonsdorfer Bauhofs. Zwischen Hartau und Jonsdorf ist Gottfried Siegert die Woche über unterwegs, ab und zu auch mit tschechischen Kollegen.Foto: Rafael Sampedro

Wenn Gottfried Siegert durch die Orte geht, wird er oft angesprochen. Mit ihren großen und kleinen Problemen kommen die Leute zu ihm. Die Grenzkriminalität spiele bei den Gesprächen eine große Rolle, sagt der Bürgerpolizist. Das Zittauer Gebirge ist sein Revier. Zwischen Hartau und Jonsdorf ist Gottfried Siegert die Woche über unterwegs, ab und zu auch mit tschechischen Kollegen. Vielen Menschen gebe er Tipps, wie sie sich besser vor Einbruch und Diebstahl schützen können. Das reicht vom Abziehen des Türschlüssels bis zur Absicherung des Hauses. Die ein oder andere Straftat könne er durch seine Anwesenheit sicher auch verhindern, sagt der Bürgerpolizist. Aber als Allheilmittel sieht er seine Aufgabe nicht. „Wir erhöhen das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung.“

Seit über einem Jahr setzt die sächsische Polizei flächendeckend Bürgerpolizisten ein, die wie Gottfried Siegert Ansprechpartner vor Ort sein sollen. Er hat nun wie andere einen Kollegen an die Seite bekommen. So kontrollieren inzwischen 16 Bürgerpolizisten im Revierbereich von Zittau bis Oberland, statt wie anfangs zehn – um überall präsent zu sein. Doch die Kriminalität sei in Seifhennersdorf ungebremst, sagt Bürgermeisterin Karin Berndt. Fast kein Tag vergehe ohne Einbruch oder Diebstahl. Ohne Bürgerpolizist wäre es aber vielleicht noch schlimmer, sagt sie. Sogar die Bürgermeisterin hat es dieses Jahr erwischt. „Die Leute fühlen sich nicht mehr sicher“, sagt Karin Berndt, die mit anderen Opfern gesprochen habe. Angst, Wut, Depressionen würden bei allen mitspielen. Die Bürgermeisterin habe sogar schon Anrufe erhalten, mit welcher Automarke die Gäste noch kommen könnten. Selbst das Polizeirevier Oberland am ehemaligen Grenzübergang in Seifhennersdorf scheine die Täter nicht abzuschrecken. Das sei chronisch unterbesetzt, sagt sie. Die Polizei könne der organisierten Kriminalität deshalb nur hinterherlaufen.

Das will Thomas Knaup so nicht stehen lassen. Der Sprecher der Polizeidirektion Görlitz gibt beispielsweise an, dass die Kfz-Diebstähle von 2011 zu 2012 zurückgegangen sind. Konkrete Zahlen kann er noch nicht nennen. Geschuldet sei der Rückgang dem hohen Kontrolldruck und der gesteigerten Aufmerksamkeit der Bürger, so Thomas Knaup. Ein Schwerpunkt liege bei Diebstählen von Rädern in Verbindung mit Kellereinbrüchen. Doch die Kriminalität an der Grenze zu Polen sei um ein Vielfaches höher als zu Tschechien, berichtet der Sprecher und spricht von einer Mentalitätsfrage. Der Einsatz von Bürgerpolizisten sei ein Erfolgsmodell. Allerdings lasse sich nicht unmittelbar messen, inwieweit die Kriminalität dadurch zurückgehe, sagt er.

Ebersbach-Neugersdorfs Bürgermeisterin Verena Hergenröder begrüßt den Einsatz von Bürgerpolizisten, auch wenn ihr keine Erfolgszahlen vorliegen. „Wir haben dadurch kurze Dienstwege“, sagt sie. Der Polizist könne direkt vor Ort nach dem Rechten sehen. Und auch für die Einwohner sei es doch allemal besser, einen echten Ansprechpartner zu haben, als nur am Telefon weiterverbunden zu werden, erklärt die Bürgermeisterin.

Das bestätigt auch Stefan Hornig in Oppach. „Hinweise und Probleme können auf kurzem Wege und meist unbürokratisch gelöst werden“, sagt der Bürgermeister. Bei ihm sind zwei Bürgerpolizisten stationiert, als Ansprechpartner für Oppach, Neusalza-Spremberg, Dürrhennersdorf, Schönbach und Beiersdorf. Sie hätten sich sehr gut bewährt, so Stefan Hornigs Einschätzung. Der Polizeiposten werde gut angenommen und gehöre zum Ortsbild. Die sichtbare Präsenz steigere das Sicherheitsgefühl und trage präventiv dazu bei, Kriminelle abzuschrecken, sagt der Bürgermeister. Wichtig findet er eine vernünftige Ausstattung der Bürgerpolizisten, denn der Job sei auch nicht immer ungefährlich.

Bürgermeister von Hainewalde: “Keine echte Bürgernähe!”

Eine eher nüchterne Bilanz zieht Jürgen Walther. Der Bürgermeister von Hainewalde vermisst die echte Bürgernähe. Als die Bürgerpolizisten kamen, seien auch Vergleiche mit dem Abschnittsbevollmächtigten – kurz ABV – gezogen worden, der zu DDR-Zeiten für Recht und Ordnung im Viertel sorgte. „Es ist ein schüchterner Versuch“, sagt Jürgen Walther. „Aber den ABV kann der Bürgerpolizist nicht ersetzen.“ Einen Grund sieht er darin, dass die Polizisten meist nicht aus dem Ort sind. Damit seien sie nicht rund um die Uhr Ansprechpartner, so der Bürgermeister. Zudem habe Hainewalde keinen eigenen Bürgerpolizisten, sondern die beiden in Großschönau stationierten sind dafür mit zuständig.

SZ-online.de vom 4. April 2013

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