Ein Brotmaß sollte vor betrügerischen Bäckern schützen

Von Bernd Dreßler

Die Sächsische Zeitung hilft dem Hainewalder Ortschronisten bei der Aufklärung eines rätselhaften Begriffes.

Hainewaldes Ortschronist Rainer Buttig ist bei seinen Nachforschungen zur Ortsgeschichte in einer Schrift der Kanitzschen Herrschaft auf etwas gestoßen, das ihm Rätsel aufgibt. „Das eiserne Brotmaß“ ist eine Veröffentlichung aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überschrieben. Bisher, so heißt es darin, wäre dieses Maß aus Holz gewesen. Entsprechend sei der Verschleiß. Also ließ man 1774 ein Neues aus Eisen anfertigen.

Rainer Buttig vermutet richtig, dass es hierbei um eine Art Qualitätskontrolle der Bäcker gehen muss. Aber was genau hat es damit auf sich? Mit dieser Frage wandte er sich an die SZ. Wir versuchten, der Sache auf den Grund zu gehen.

Johann Georg Krünitz (1728 bis 1796), so die erste Überlegung, hat das doch bestimmt gewußt. Der Gelehrte hatte einst eine mehrbändige „Oeconomische Encyclopädie“ von hohem Wert zu Papier gebracht. Zig Stichworte finden sich allein zum Thema Backen darin. Doch der Begriff „Brotmaß“ – leider Fehlanzeige.

Der nächste vielleicht rettende Einfall: In Bad Ems gibt es einen „Verein für Geschichte/Denkmal- und Landschaftspflege“. Und der legt die „Bad Emser Hefte zur Mass- und Gewichtskunde“ auf. Autor Ulrich Brand aus Berg im Taunus weiß folglich bestimmt Rat. Doch Herr Brand muss bedauern. Ein solcher Spezialbegriff falle nicht in sein Forschungsgebiet. Aber er verweist an einen Experten, der gewiss für Klarheit sorgen könne: Reinhardt Kremer. Der Mann betreibt in Kleinsassen unweit von Fulda ein „Pfundsmuseum“ rund um Maße und Gewichte und kennt sich auch in historischen Gegenständen des Messens und Wägens aus.

Auskunft vom Pfundsmuseum

Also Anruf in der Rhön und – Treffer. Ohne lange zu überlegen kommt von Reinhardt Kremer folgende Auskunft: „Ein Brotmaß war ein geeichtes Maßgefäß, mit dem kontrolliert wurde, ob die Bäcker die Brotlaibe stets in gleicher Größe und Schwere herstellten. Die Brotmaße für die Länge und das Gewicht wurden öffentlich aufgehangen, und eine Art Schaubeauftragter hatte für regelmäßige Kontrollen zu sorgen.“ Diese Kontrollen konnten, so der Experte weiter, im Auftrage der Stadt- und Gemeindeverwaltungen, aber auch, wie im Fall Hainewalde, im Auftrag der Gutsherrschaft erfolgen.

Eine Bestätigung der Kremerschen Auskunft liefert „Das Lexikon der Betrügereien aller Stände im 18. Jahrhundert“ von 1773. Dort heißt es: „Becker betrügen, wenn sie das Brod nicht nach dem gesetzten Gewicht verkaufen, sondern dasselbe um ein merckliches kleiner und geringer machen.“ Um dem Einhalt zu gebieten, müsse es gewissenhafte Personen geben, „die das Brod wenigstens wöchentlich einmal abwägen“ und kontrollieren, „ob es tüchtig und wichtig genug gebacken“ sei.

Somit bestätigt sich Rainer Buttigs Vermutung: Das Brotmaß war ein wichtiges Instrument, um bereits im 18. Jahrhundert auch in der Gutsherrschaft Hainewalde eine Art Verbraucherschutz zu gewährleisten. Und die Abnutzung deutet daraufhin, dass oft davon Gebrauch gemacht wurde.

Quelle: SZ-Online.de

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