Bei einem Arbeitseinsatz am Sonnabend wurde eine Wand im ehemaligen Tanzsaal des Hainewalder Schlosses abgerissen. Derzeit interessieren sich zwei Forscherinnen für das Leben im und um das Gemäuer.

Foto: Matthias Weber

Forscher interessieren sich für Alltag der „kleinen Leute“

Von Jan Lange

Hainewalde. Ira Spieker und Elke Schlenkrich forschen über das ländliche Leben vom Siebenjährigen Krieg bis 1914 in der Gemeinde.

Gabriele Großhans war richtig begeistert von dem, was Elke Schlenkrich und Ira Spieker beim Besuch in Hainewalde erzählten. Die Geschichte vom Uhrmachermeister will die Chefin des Schlossfördervereins gleich in den Führungen verarbeiten. Jener Uhrmachermeister sollte im 19. Jahrhundert die Turmuhr reparieren und war deshalb für längere Zeit im Schloss einquartiert. Des Nachts hörte er immer wieder lautes Gerumpel und vermutete dahinter ein Gespenst. Doch seine Angst war unbegründet, der Verwalter feierte mit der Köchin stattdessen in der Küche eine Privatparty – auf Kosten des Schlossherrn. Den Uhrmachermeister luden sie aber nicht etwa dazu ein, sondern schickten ihn zurück auf sein Zimmer. Verärgert darüber erzählte er es dem Schlossbesitzer Ernst Gustav von Kyaw.

Projekt läuft noch zwei Jahre

Aus dessen Tagebuchnotizen stammen auch die Erkenntnisse der beiden Forscherinnen vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde in Dresden. Die Recherchen der Historikerin Elke Schlenkrich und der Volkskundlerin Ira Spieker sind Teil ihres Forschungsprojektes „Ländlicher Alltag auf dem Weg in die Moderne“, das im Februar vorigen Jahr gestartet wurde und voraussichtlich 2009 mit einer Buchveröffentlichung endet.

Erforscht wird dabei am Beispiel von drei Grund- und Gutsherrschaften der Alltag der „kleinen Leute“. Eine diese Herrschaften ist die von Hainewalde, zu der zu jener Zeit auch Mittelherwigsdorf, Spitzkunnersdorf und Oberoderwitz gehörten. Hainewalde entpuppte sich als wirklich treffende Wahl, da zu der Herrschaft eine „unglaubliche Fülle“ an alten Akten–etwa 10000–im Staatsfilialarchiv in Bautzen vorhanden waren. Bisher haben sie davon nur einen Teil durchforstet. „Der Nachteil ist nämlich, dass sie komplett ungeordnet sind“, erzählt Spieker mit Blick auf das Aktenstudium. In den Akten ist von allen Problemen des damaligen Lebens die Rede, angefangen bei unehelichen Schwangerschaften und Ehebruch, über Prügeleien und Leichenfunden bis hin zu Kredit- oder Testamentsaufnahmen. „Das war für uns absolut überraschend, diese Fülle an Schriftlichkeit auf dem Land“, erklärt Ira Spieker. „In anderen Gegenden gibt es das nicht.“ Die 45-Jährige bezeichnet dies als „Glücksfall der Überlieferung“.

Noch keine Antwort

Warum gerade in Hainewalde alles schriftlich festgehalten wurde und das zudem sehr ausführlich, darauf wissen die Forscherinnen selbst noch keine Antwort. Vielleicht ja am Ende ihrer Forschungen.

Eines haben sie bereits festgestellt: Die Pfarrbibliothek von Hainewalde war im Vergleich zu anderen Bibliotheken dieser Art sehr gut ausgestattet. Der Schlossherr wollte eben, dass sein Pfarrer anspruchsvolle Predigten hält. Auch vom Kirchenarchiv, das zurzeit geordnet wird, erhoffen sie sich noch manche wertvolle Information.

Quelle: sz-online.de 21.05.2007

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