Gemeindeblatt vom 16. Januar 2015
Liebe Hainewalder, liebe Leser des Nachrichtenblattes,
ich hoffe, dass Sie angenehm ins Jahr 2015 gerutscht sind und ich wünsche Ihnen alles Gute. Vor Jahren wollten wir es unseren Eltern nicht glauben, dass die Zeit je schneller vergeht, je älter man wird. Jetzt spürt man es selbst. Eine Woche fühlt sich manchmal wie ein Tag an.
Jahreswechsel in der Turn- und Festhalle
Viele Hainewalder haben den Jahreswechsel in der Turn- und Festhalle gefeiert, bei Musik und Tanz und einem gut aufgelegten Double von Andrea Berg. Eine gelungene Veranstaltung, die Appetit auf mehr macht und unserer schönen Festhalle wieder mehr Leben einhaucht. Interessant waren auch die Feuerwerke beidseitig der Halle. Eines auf dem Festplatz von den Turnhallengästen gezündet und eines südlich davon am Roaperradl.
Selbst das Fernsehen bot dieses Jahr eine Reihe anspruchsvoller Filme, die zum Nachdenken anregten. So ging es um die Erfindung des Dynamit durch Alfred Nobel, über Segen und Fluch des Sprengstoffs für friedliche und kriegerische Zwecke. „Tannbach – Schicksal eines Dorfes“ oder „Der Turm“ wiesen auf menschliche Tragödien hin, die unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen geradezu herausgefordert wurden.
Aktuell in Politik und Medien verstärkte sich unter Bezugnahme auf die christliche Weihnachtsgeschichte in den letzen Wochen das Phänomen der Pegida Be und Gegenbewegungen in Dresden und inzwischen anderen deutschen Städten. In einer sonst nach außen hin nicht üblichen Koalition zwischen Politik und Medien wird allgemeines Unverständnis über die derzeitige Lage geäußert. Wie kann es nur sein, dass die sonst so friedliche Fraktion der von den Medien als Nichtwähler ausgemachten Bürger Flagge zeigen und auf die Straße gehen?
Tschechische Sicht auf Demonstrationen in Deutschland
Vielleicht hat die tschechische Zeitung „Lidove novini“ aus gutnachbarlicher Sicht nicht völlig unrecht, wenn sie schreibt: „Das tatsächliche Ziel der Demonstranten sind nicht Moslime als solche, sondern das gesamte Regierungs- und Medienestablishment der Bundesrepublik. Lügenpresse ist eines der Rufe der Demonstranten. Es ist das Problem einer Gesellschaft, in der die Schere zwischen den Meinungen der Eliten und den Meinungen eines immer größer werdenden Teils der Gesellschaft immer mehr auseinandergeht.“
Inzwischen legt die Politik die Karten auf den Tisch. „Wir brauchen Einwanderung um unsere Sozialsysteme langfristig zu stabilisieren“, heißt es. „Unter den Kriegsflüchtlingen befinden sich eine Menge gut ausgebildeter Leute, Promovierte, Akademiker usw.“, wird eifrig beschwichtigt. Vor Jahren hieß es noch, wir wollen durch Entwicklungshilfe den Ländern helfen, selbst auf eine stabile Grundlage zu kommen. Heute scheint es, als würden wir die besten Leute aus den Entwicklungsstaaten oder selbst EU-Ländern (Spanien, Griechenland) abwerben, um den fehlenden eigenen Nachschub an Menschen – sprich Geburten – abzufedern. Man muss sich nicht wundern, wenn unsere Bevölkerung mit diesen Zick-Zack-Kursen nicht zurechtkommt.
Fürwahr, die eigene Bevölkerung mit Einwanderern aus anderen Ländern aufzufüllen, ist ein hehres, aber auch sehr eigennütziges Ziel. Denn die Gefahr, dass die Heimatländer der Einwanderer ausbluten, kann durchaus Realität werden. Übrigens vom Ausbluten einer Region wurde auch schon im Bezug auf die Bevölkerungsentwicklung in der Oberlausitz offen gesprochen.
Vielleicht kann die im Artikel der „Lidove novini“ aufgeführte Kluft zwischen Politikelite und mitdenkendem Volk doch ein wenig geschlossen werden, wenn über Ursache und Wirkung bestimmter brisanter Entwicklungen im Vorfeld mehr informiert wird und Diskussionen zugelassen werden, ohne „Andersdenkende“ von vornherein in eine staatsfeindliche Schublade zu stecken. Die Zeit des Nichts hören, Nichts sehen, Nichts sagen, Nichts denken (dürfen) sollte als Resultat der Demonstrationen vor 25 Jahren abgeschafft sein. Eine Demokratie muss auch demonstrative Nachfragen nach dem Sinn politisch eingeschlagener Wege ertragen. Im Vergleich zu unseren Nachbarländern braucht der Deutsche erfahrungsgemäß einen erheblichen Fruststau bevor er auf die Straße geht.
Nun, was geht das alles Hainewalde an? Vielleicht doch! Immerhin ist es noch nicht lange her, dass eine namhafte Person das Hainewalder Schloss als mögliche Unterkunft für Einwanderer gesehen hat. Das Thema ist lange im Landkreis Görlitz angekommen und jeder ist gut beraten, sich damit angemessen zu beschäftigen. Ein Teil meiner Verwandtschaft aus Großschönau ist 1915 aus angeblich wirtschaftlichen Gründen mit dem Schiff in die USA ausgewandert. Ich hoffe, sie hat dort eine lebenswerte neue Heimat und verständnisvolle Nachbarn gefunden. Unsere moderne Gesellschaft verlangt Mobilität. Das heißt, feste Wohnsitze werden immer seltener. Immer öfter sind damit auch wir und unsere Nachkommen Fremde an einem neuen Wohnstandort; wenn auch im eigenen Land.
Die Entwicklung ist nicht schön. Sie hat auch viele negative Folgen,weil der einst gesellschaftstragende Generationenvertrag aufgeweicht wurde. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen.
Ihr Jürgen Walther