Liebe Hainewalder, liebe Leser des Nachrichtenblattes,
Gemeindeblatt vom 12. Juli 2013

Außer am Spielplatz Felsenkeller finden die betreuten Kinder eine Menge schöner Spielmöglichkeiten – wie hier auf dem Bild – im Kita-Bereich. Foto: J. Walther
beim SZ-Familienkompass – mit freundlicher Unterstützung von Sachsenmilch – (Sächsische Zeitung vom 2. Juli) haben Großschönau und Hainewalde verhältnismäßig gut abgeschnitten.
Großschönau und Hainewalde – vergleichbar?
Etwas gewagt ist es meiner Meinung nach schon, beide Gemeinden beim Bewertungsmodus in einen Topf zu werfen. Großschönau weist zumindest im Plattenbaugebiet an der Jonsdorfer Straße aufgrund der Bevölkerungsdichte einen eher städtischen Charakter auf, während Hainewalde rein ländlich geprägt ist. Großschönau hat eine Grund- und eine Mittelschule und auch ausreichend “kinderfeundliche Supermärkte”, die den Ansprüchen der Kids gerecht werden (sollten). Mangels Nachwuchs musste Hainewalde die Grundschule 2001 schließen; die Mittelschule schloss aus den gleichen Gründen schon vorher. Für die Ansiedlung von Handelsketten wurden die Weichen sofort nach der Wende 1990 gestellt. Sie fanden dort einen Standort, wo es auch genügend Konsumenten gab. Kleine Ortschaften waren eher keine Supermarktstandorte und wenn welche errichtet wurden, dann hielt die Freude nicht lange an – siehe Aldi in Mittelherwigsdorf und Lidl in Bertsdorf. Selbst von Einheimischen geführte ehemalige Konsumverkaufsstellen wie in Waltersdorf oder Spitzkunnersdorf gingen den Bach runter, weil die Solidarität der Einwohner zum “eigenen Laden” nicht reichte.
Das ganze Dorf ein Spielplatz – früher …
Früher war das ganze Dorfgebiet ein riesiger Spielplatz, heute zählt in der Wertung nur der, der mit Rutschen und Klettergerüst künstlich ausgestattet ist. Unser öffentlicher Spielplatz am Felsenkeller wurde erst 2003 im Rahmen des Ausbaues der Kleinen Seite geschaffen. Viel schlimmer als das Feststellen von “zu wenig Spielplätzen“ finde ich das “zu wenig“ an gleichaltrigen Spielgefährten infolge der geringen Geburtenzahlen. Wo sich früher in einer Altersgruppe in Hainewalde dreißig Kinder und mehr fanden, sind es heute nicht einmal die Hälfte. In der räumlichen Ausdehnung unseres Dorfes ist es heute schwer, drei Gleichaltrige zum Beispiel im Oberdorf zu finden, die im
Freizeitverhalten zusammen passen. So wird das soziale Verhalten der Kids heutzutage wesentlich durch die gemeinsame Zeit im Kindergarten und in der Schule entwickelt und ausgeprägt. Allerdings ist das kein freiwilliger Zusammenschluss Gleichgesinnter mehr, sondern ein Diktat Erwachsener. So hätte die SZ-Frage an die Eltern: „Wünschen Sie sich für ihre Kinder mehr Spielgefährten?“ … meines Erachtens eine Berechtigung gehabt. Vielleicht hätte die Frage auch direkt an Kinder gestellt werden sollen, weil Kindermund ehrlicher sein soll… Aber wer kennt von der jetzigen Elterngeneration noch die glückliche Situation, wo ein dutzend Kinder gemeinsam spielten und die eigene Kreativität ohne das ständig kontrollierende Zutun von Erwachsenen entwickeln konnten.
Demographie – oder: Zu wenige Kinder
Alle Bewertungspunkte vom Wohnumfeld, der Gesundheit, der Familienpolitik bis zum Verkehr, Kita oder Schule sind auch mit der tendenziellen Entwicklung der Geburtenzahlen verbunden. Kein privater Häuslbauer würde ein Kinderzimmer im Haus und einen Spielplatz im Garten in seinem Projekt vorsehen, wenn er von vornherein weiß, dass für ihn Kinder im Haus nicht in Frage kommen. Im öffentlichen Bereich halten wir in Städten und Gemeinden viel “Kinderfreundlichkeit“ vor, obwohl es bekannt ist, dass es schon rein biologisch zu keiner wesentlichen Erhöhung der Geburtenzahlen kommen kann, weil es an Frauen im geburtsfähigen Alter fehlt.
So können die Politiker aller hiesigen Parteien mit blumigen Phrasen Chancen aus der demographischen Entwicklung herbeireden. Die traurige Entwicklung kann bestenfalls beschönigt werden. Ginge es beim Thema nicht um Menschen, sondern um Tiere, würde der gemeine Europäer oder Industriestaatler auf die rote Liste der gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Arten kommen.
Um der nach der Wende im Stil neuen Entwicklung zur verstärkten kollektiven Betreuung unserer Kinder im Kindergarten gerecht werden zu können, hat Hainewalde in den letzten 20 Jahren viel in die Kindertagesstätte investiert. Die Einrichtung befindet sich heute in einem Top-Zustand und die Erzieherinnen und alle Hilfskräfte tun ihr Möglichstes, um den Kindern eine optimale Erziehung und Betreuung zu bieten. Im Haushalt 2013 wird mit der Neugestaltung des Hortplatzes (Kostenumfang 83.000 Euro – gefördert über ILE) ein erneuter Meilenstein für das Wohlfühlen der Kinder in unserer Einrichtung gesetzt. Doch langfristig rentieren werden sich die Anstrengungen nur, wenn unser Spatzennest von vielen Küken besetzt ist. Mein Wunsch wäre es, dass aus Bedarfsgründen eben so viel in Kindertagesstätten investiert würde, wie rundum in Altenheime, betreutes Wohnen usw. Doch der
Bedarf bei der Seniorenbetreuung lässt sich aus der bestehenden Bevölkerungsstruktur recht klar erkennen, die Anzahl künftiger Kinder leider nicht. Die Formel hat sehr viele Unbekannte.
Allen Erholungssuchenden – natürlich auch den Kindern – wünsche ich eine schöne, sonnige Ferienzeit.
Ihr Jürgen Walther