Gemeindeblatt vom 11. November 2016
Liebe Hainewalder, liebe Leserinnen und Leser des Nachrichtenblattes,
der sogenannte „Goldene Herbst“ ist dieses Jahr geradezu ins Wasser gefallen. Vielleicht ist die Sonne in Altersteilzeit und strahlt deshalb etwas geschwächt? So ist der Übergang von einem nassgrauen Oktober zu der lichtarmen Adventszeit – abgesehen von künstlichen Beleuchtungen – weniger drastisch. An die feinen Weihnachtsgebäcke in den Supermärkten sind wir lange gewöhnt und die gemeinschaftliche Jagd auf mehr oder weniger milde Gaben für unsere Lieben ist in vollem Gange.
Neustrukturierung des Tourismus
Stichwort „gemeinschaftlich“. Vor rund einem Monat flatterte vom Landratsamt Görlitz – Absender Herr Landrat Bernd Lange – ein dienstliches Schreiben auf den Tisch. Mit der Überschrift „Neustrukturierung des Tourismus in der Oberlausitz“. Darin steht mit Blick auf den Ist-Zustand u.a. geschrieben:
„Auf unser Geschaffenes können wir mit Recht stolz sein – es wird aber in Zukunft nicht ausreichen, die Oberlausitz im Wettbewerb mit anderen Feriengebieten (inner- und außerhalb Sachsens) erfolgreich zu behaupten…Gemeinsam mit vielen Kommunen, den Landkreisen, der MGO und dem TVO haben wir in den letzten drei Jahren die für die Umsetzung der Tourismusstrategie Sachsen 2020 notwendigen Umstrukturierungen intensiv diskutiert. Dabei haben wir (!) uns auf ein Modell verständigt, bei dem die vorhandenen Gebietsgemeinschaften (TGG’s) nicht nur erhalten bleiben, sondern weiter gestärkt werden. Darüber hinaus sollen die Aufgaben und Verantwortungsbereiche aller Akteure noch klarer definiert und die Mittelverwendung ebenso nachvollziehbar wie effizient neu geregelt werden…“ Nun der Aufruf an mich als Bürgermeister:
„Treten Sie, sollten Sie es noch nicht sein, als kommunales Mitglied ihrer TGG bei und arbeiten Sie aktiv am Erfolg des Tourismus in Ihrer Region mit.“ (PS.: die Textpassagen wurden von mir gekürzt, aber nicht sinnentstellt). Nun, das Anliegen unseres Landrates ist durchaus ehrenvoll; ist doch der Tourismus ein sehr wichtiges wirtschaftliches Standbein unserer Region und durchaus ausbaufähig – besser – ausbaupflichtig.
Die Gemeinde Hainewalde war bisher nie Mitglied unserer Touristischen Gebietsgemeinschaft (TGG), obwohl wir zeitweise heiß „umworben“ wurden. Die Gründe dafür lagen nicht nur daran, dass wir nicht gerade das touristische Zentrum der südlichen Oberlausitz sind und wir uns deshalb nicht darum reißen müssten, eine bislang mehr als umstrittene TGG mit zu finanzieren, ohne eigene Effekte zu erzielen.
Touristische Gebietsgemeinschaft
Fakt ist, dass ich in meiner Amtszeit nicht ein positives Argument bezüglich der TGG von den Mitgliedsgemeinden der TGG gehört habe, was mich beflügelt hätte, einen Beitrittsgedanken unserer Gemeinde überhaupt zu erwägen. Bezeichnend für die Situation ist, dass die Gemeinde Großschönau vor Jahren aus der TGG ausgetreten ist und z. B. Kollege Förster aus Olbersdorf – er ist selbst im Aufsichtsrat der TGG (!) – keine Gelegenheit auslässt, um über die Unfähigkeit und Nutzlosigkeit der TGG zu wettern. Nun machen sich für mich zwei Möglichkeiten auf:
Entweder die TGG behält ihr negativ besetztes Image und die noch ausstehenden Gemeinden werden per „Zwang“ in die Gesellschaft integriert, was u. U. auf Dauer Unfrieden bedeuten würde. Oder die TGG wird umfassend zu einem wirkungsvollen Zugpferd des Tourismus in unserer Region reformiert und die Gemeinden würden – unabhängig von ihrer Größe – gleichrangig und solidarisch das Gesamtgebilde TGG tragen und gestalten. Und das zum Wohle der Region. Im Sächsischen Gesetz über kommunale Zusammenarbeit (SächsKomZG) ist definiert:
„Zur gemeinsamen Erfüllung ihrer Aufgaben können Gemeinden und Landkreise zusammenarbeiten. Formen der gemeinsamen Erfüllung sind: Zweckverband, Zweckvereinbarung und kommunale Arbeitsgemeinschaft, Verwaltungsverband und Verwaltungsgemeinschaft.“
Unsere Gemeinde wurde nach der Wende u.a. Mitglied in Zweckverbänden. So im Trink- und Abwasserzweckverband. Mit der Bildung von Stadtwerken z. B. in Löbau und Zittau traten diese Städte, mit den im Verband größten Einwohnerzahlen, aus dem Trinkwasserzweckverband mit behördlicher Genehmigung aus. Übrig blieben die Gemeinden mit geringeren Einwohnerzahlen und – da Landverhältnisse – vielen Kilometern teuren Leitungsnetzes.
Von Solidarität, wie sie in einem Zweckverband herrschen sollte, konnte keine Rede mehr sein. Das Problem der Vorteilsnahme bei Zweckverbänden, Arbeitsgemeinschaften (TGG), Verwaltungsgemeinschaften usw. wird auch damit hervorgerufen, dass die handelnden Personen auf Leitungsebene oftmals Wahlfunktionen ausüben und deshalb aus sehr persönlichen Gründen Interesse daran haben, ihr Wahlvolk durch günstige „Preise“ bei Laune zu halten. Und dafür opfern sie dann jeden Solidaritätsgedanken.
So muss man sich nicht wundern, dass jeder Versuch, die Gemeinden in neue Abhängigkeiten (TGG) zu bringen, mit äußerstem Argwohn beäugt wird. Was die TGG betrifft, könnte sie sich einiges vom Trixi-Park-Team abschauen. Hier wird schon seit Jahren eine ausgezeichnete – auch im wörtlichen Sinne – Tourismusstrategie umgesetzt, was verdeutlicht, dass in dieser
Branche vor allem die handelnden Personen wichtig sind. Die vom Landrat angeführten Argumente zur Stärkung der hiesigen Touristischen Gebietsgemeinschaft sind sicher stichhaltig.
Ob das bisher reichlich genährte Misstrauen in die TGG durch Winken mit Fördermitteln des Freistaates ausgeräumt werden kann, wird die Zeit zeigen. Kommunale Zweckverbände, Gemeinschaften usw. haben durch die Erfahrungen leider ihren Reiz verloren. Statt Gemeinsamkeit ist leider Auseinanderdriften auf der Tagesordnung. Und das wird vom Gesetzgeber noch unterstützt und so die gern proklamierte kommunale Gemeinschaft eher demontiert. Aber warum soll es auf dieser Ebene anders sein, als in anderen gesellschaftlichen Bereichen? Demokratie ist anders!
Wie anfangs erwähnt, nähern wir uns der Adventszeit und damit unserem traditionellen Weihnachtsmarkt. Die Händler freuen sich wie immer auf viele Besucher. Natürlich auch ich!
Ihr Jürgen Walther
Bürgermeister