Liebe Hainewalder, liebe Leser des Nachrichtenblattes,

Gemeindeblatt vom 17. August 2012

in eurokrisengeschüttelten Zeiten, die bis in die kleinsten Zellen der Gesellschaft Spuren hinterlassen, sind auch die Kommunen gefordert, eingefahrene Wege zu verlassen und neue Perspektiven auszuloten, die uns die Aussicht bieten, auch im ländlichen Raum eine attraktive Lebensqualität abzusichern.

Sinkende Einwohnerzahl – steigende Ausgaben

Neben der Eurokrise, deren Folgen nach wie vor nicht abzusehen sind, machen uns sinkende Einwohnerzahlen und damit sinkende finanzielle Einnahmen zu schaffen. Was jedoch konstant bleibt oder noch steigt, sind die Ausgaben für Personal und Verwaltung, der Aufwand für den Erhalt der kommunalen Infrastruktur und vielfältige andere Aufgaben. An der Misere ändern auch vorübergehende Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer wenig, zudem Hainewalde eher ein Wohnstandort ist und relativ wenige Gewerbebetriebe aufweisen kann.

1998 hat der Sächsische Landtag das Gesetz zur Gemeindegebietsreform beschlossen. Als Folge wurde Hainewalde in die Verwaltungsgemeinschaft Großschönau/Waltersdorf eingegliedert. Der spürbare Vollzug erfolgte 2001, indem die Hainewalder Verwaltung in die Großschönauer integriert wurde. Zum gleichen Zeitpunkt – ab August 2001 – ging der Hainewalder Bürgermeister (ich, Jürgen Walther) ins Ehrenamt.

Bürgermeister im Ehrenamt – mehr Engagement als normal

Der Umstand, dass Hainewalde nach einer aufwendigen Bewerbungsphase im August 2001 vom Sächsischen Umweltminister den Titel „Programmdorf“ erteilt bekam, also über das Amt für Ländliche Entwicklung Kamenz bevorzugt gefördert werden konnte, hat mich persönlich dazu bewogen, mich weit mehr als im Ehrenamt vorgesehen, für die Dorfentwicklung zu engagieren. Zudem gab es zu diesem Zeitpunkt eine lobenswerte, sehr rege Bürgerbeteiligung, die aktiv an der Dorfentwicklung mitwirkte. In dieser sehr hektischen Zeit wurden in Größenordnungen Straßen grundhaft ausgebaut, kommunale Gebäude saniert und der Abwasserbau vorangetrieben. Das Hochwasser 2002 bewirkte einen abrupten Abbruch der an sich 5-jährigen Förderperiode durch das Ministerium.

Das hinderte uns nicht daran, auf Basis anderer Programme die Dorfentwicklung fortzuführen. Besondere Anstrengungen unternahmen wir beim schrittweisen Ausbau unserer Kindertagesstätte , die heute in jeder Beziehung einen guten Ruf genießt und ein Aushängeschild ist.

Durch Hochwasser: Verwaltung an der Leistungsgrenze

Das Augusthochwasser 2010, welches die Gemeinden Großschönau und Hainewalde gleichermaßen schwer getroffen hat, setzte im Rahmen der Schadensbeseitigung neue Maßstäbe in der Zusammenarbeit der Verwaltungsgemeinschaft. Das heißt, mit einem Schlag mussten eine Vielzahl flutbedingter Schadensfälle zusätzlich bearbeitet werden, was alle Beteiligten bis zur Leistungsgrenze forderte und noch Jahre fordern wird.

Vielleicht ist es ein positiver Effekt der schrecklichen Flut, dass sie Menschen näher gebracht hat und auch die kommunale Zusammenarbeit beflügelte. Not schweißt zusammen… So erachte ich es als sinnvoll laut darüber nachzudenken, ob die jetzige Struktur der Verwaltungsgemeinschaft mit Großschönau noch sinnvoll ist, oder eine Einheitsgemeinde den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft nicht besser gerecht werden kann.

Einheitsgemeinde Großschönau / Hainewalde?

Eine Verwaltungsgemeinschaft ist ein schwerfälliges Gebilde und wird meines Erachtens spätestens nach der nächsten Landtagswahl per Gesetz abgeschafft, heißt, Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft werden per Gesetz eingemeindet. Unabhängig von einer „Hochzeitsprämie“ von 100 Euro pro Einwohner, die das Land Sachsen bis zum Jahresende 2012 anbietet, würden sich die Mehreinnahmen einer Einheitsgemeinde Großschönau / Hainewalde bei jährlich gerechneten 190.000 Euro bewegen, die mit Fördermitteln veredelt eine dicke Million ausmachen.

Abgesehen von finanziellen Aspekten ist das Zusammenwachsen der jüngeren Generation unserer Orte schon lange gelebter Alltag. So wie Hainewalder Kinder aus Gründen geringer Geburtenzahlen wie selbstverständlich Großschönauer Schulen besuchen und in Vereinen integriert sind, nutzen Großschönauer Freizeitsportler unsere Sportstätten.

Ein Blick in die Zukunft: In größeren Einheiten denken

Die Entwicklung zwingt uns, in größeren Einheiten zu denken. Ich könnte mir vorstellen, dass in absehbarer Zeit die Stadt Zittau das ehemalige Kreisgebiet Zittau verwaltungstechnisch absichern wird und die Umlandgemeinden mit leistungsstarken Bürgerbüros ausgestattet werden. Aber unsere Zeit ist geprägt von halbherzigen Aktionen. Ein beredtes Beispiel ist der neue, schwer zu händelnde Landkreis Görlitz, der abgenabelt zum Leuchtturm Dresden ein bescheidenes Dasein führen muss. Also werden große Schritte noch Zeit brauchen.

Mir liegt daran, dass wir rechtzeitig und unabhängig von gesetzlichen Zwängen Entscheidungen treffen, die eigenen Gestaltungsspielraum lassen. Warum sollte das Hainewalder „Blaue Band“ nicht vom „Kyaw`schen Schloss“ bis zum „Deutschen Damast- und Frottiermuseum“ reichen?

Wie sagte doch M. Gorbatschow? „Wer zu spät kommt, den be-
straft das Leben …“

Ich bitte Sie, das Ansinnen objektiv und positiv zu betrachten. Unsere Hainewalder Geschichte und unser gemeinsam Geschaffenes kann und wird uns niemand nehmen. Dafür bürge ich.

Ihr Jürgen Walther,
Bürgermeister