Liebe Hainewalder, liebe Leser des Nachrichtenblattes,

Gemeindeblatt vom 17. Februar 2012

Diese 30 Jahre alte Kamelie ließ sich durch die kühlen Temperaturen nicht beirren und entfaltete bereits Anfang Januar ihr wunderschönes Frühlingsblütenkleid. Foto: Jürgen Walther

Diese 30 Jahre alte Kamelie ließ sich durch die kühlen Temperaturen nicht beirren und entfaltete bereits Anfang Januar ihr wunderschönes Frühlingsblütenkleid. Foto: Jürgen Walther

das sibirische Kältehoch ab Anfang Februar hat uns die Hoffnung auf Heizkostenersparnisse in diesem Winter wieder zunichte gemacht, nachdem vorher eher frühlingshafte Temperaturen herrschten und eine günstige Bilanz versprachen.

Die Wintersportler hat die Kälte gefreut, zudem in den Gebirgslagen auch ausreichend Schnee gefallen war. Trotz der spätwinterlichen Lichtblicke wird es schwer bleiben, mit dem Zittauer Gebirge als Wintersportgegend zu werben. Schneesicherheit ist hier in den Wintermonaten nicht gegeben. Aber wo ist das weiße Gold schon noch sicher? Selbst die traditionellen Wintersportgebiete im In- und Ausland hatten in diesem Winter lange „schwarz“ gesehen.

Teilnahme an der Kreissicherheitskonferenz

Ob die niedrigen Temperaturen Langfinger davon abhalten, ihre Diebeszüge zu unterbrechen, wird uns die Statistik dazu in einem Jahr nachweisen. Statistiken sind wohl oft die geistige Grundlage für die Veröffentlichung polizeilicher Ermittlungserfolge. Diesen Eindruck musste ich zumindest von der Kreissicherheitskonferenz Ende Januar in Löbau mitnehmen.

Reichlich Polizeiprominenz, reichlich Landkreisprominenz, ein paar Vertreter von Kammern und Firmen und eine Reihe interessierter Bürgermeister hatten sich eingefunden, um miteinander über das fortlaufende Problem der Kriminalität im Landkreis Görlitz zu reden. Der Ansatz war nicht neu, zudem zum Thema eigentlich ständig gesprochen wird, im öffentlichen, wie im privaten Bereich. Beständig ist die allgemeine Hilflosigkeit, wie man mit der sich nicht wirklich verbessernden Situation der nach wie vor hohen Kriminalität umgehen soll.

Schlechte Nachrichten verkaufen sich besser

Als ich 1994 bei der Sächsischen Zeitung gearbeitet habe, war es schon ein Thema. Besonders interessant fand ich das Umfrageresultat zum Leseverhalten der Zeitungsleser, wonach der tägliche Polizeibericht damals schon zur meistgelesenen Schlagzeile gekürt wurde.

Anders wird es nicht beim Radio, Fernsehen oder jetzt im Internet sein. Schlechte Nachrichten ziehen die Konsumenten scheinbar magisch an. Gutes wird eher als selbstverständlich empfunden und es bietet wenig Platz für Gesprächsstoff und entwickelt wenig Emotionen. Bezeichnender Weise hörte ich vor ein paar Jahren von dem damaligen Chef der SZ in Zittau, dass die bislang noch im Polizeibericht auf der ersten Seite konzentrierten Einbruchs- und Diebstahlfälle auf die täglichen Regionalseiten als Einzelmeldungen verteilt werden sollten. Die Zeitung wollte (oder sollte) nicht länger als Horrormelder für kriminelle, tourismusschädigende Nachrichten herhalten. Das Vorhaben wurde umgesetzt und ist bis heute für den Leser ersichtlich. An der Fülle der schlechten Nachrichten hat das natürlich nichts geändert, weil sich die Grundlage nicht geändert hat.

In Löbau haben wir nun gehört, dass die einwohnerzahlbezogene Kriminalitätsstatistik in Dresden und Leipzig weit schlechter ausfällt, als hier in der Grenzregion. Auch soll eine enge Zusammenarbeit zwischen Bürgern und der Polizei, wobei die neuen Bürgerpolizisten, die ständigen rund um die Uhr Ansprechpartner sein sollen, zukünftig zur Kriminalitätsbekämpfung beitragen. Mit sogenannten Sicherheitskonzeptionen der Kommunen soll das allgemeine Bild der Hilflosigkeit abgerundet und die Gemeinden mit ins wankende Boot geholt werden.

Was tun gegen Kriminalität?

Private oder gesetzlich getragene Bürgerwehren – so wie sie angeblich schon in Neugersdorf / Ebersbach bestehen, sollen richten, wozu der Staat scheinbar nicht in der Lage ist. Bisher sprach man vom Gewaltmonopol des Staates. Soll das jetzt in die Städte und Gemeinden abgegeben werden? Die Frage tut sich langsam auf, ob Kriminalität inzwischen so weit toleriert wird, dass wir mit dem jetzigen Stand leben müssen und das Ganze einfach zum System gehört? Ein Lehrer der Polizeischule Rothenburg offerierte den Anwesenden in Löbau, dass Planer bei Bebauungsplänen die Vorgehensweise von Straftätern mit einplanen müssten. Das heißt nach Einschätzung des Lehrers, dass Wohnhäuser so ausgerichtet sein sollten, dass von der Straße her keine Einsichtnahme in die Wohnzimmer geboten wird. In Hamburg gibt es die Speicherstadt.

Werden künftige Wohnbebauungen Bunkerstädten gleichen, ohne Fenster und nur einer Sicherheitstür? Wenn ich den Einwurf nicht selbst gehört und in der SZ am nächsten Tag nicht noch bestätigt bekommen hätte, ich hätte es nicht geglaubt. Wenn wir so planen sollen, wie beschrieben, finden wir uns mit dem Phänomen einer hohen Kriminalitätsrate ab und planen vorbeugend noch eine Steigerung ein. Wer sich an diesem Vorhaben nicht beteiligt und nicht gegen die Kriminalität aufrüstet, muss künftig die Kosten für Verluste selber tragen, wenn er beklaut wird. Na prima! Dann machen wir es wie in den USA und jeder schützt sich selbst mit entsprechenden Waffen. Für mich wäre es ein Horrorszenario.

Oder das Ganze ist nach diversen Wärmedämmverordnungen die nächste Maßnahme zur Wirtschaftsförderung, die Immobilienbesitzer dazu zu verdammen, ihre Anwesen in Hochsicherheitstraktes umzuwandeln?

Für Hainewalde spielt im Verhältnis zu Nachbarorten Kriminalität bisher zum Glück eine eher untergeordnete Rolle. Wenn es nicht ausdrücklich mehrheitlich gewünscht wird, werden wir auch die Straßenbeleuchtung nicht länger angeschaltet lassen und wir werden auch weiterhin dafür sein, dass in Häusern Fenster eingebaut werden. Aber wie ich den Staat kenne, wird er bald Vorschriften erlassen, damit alles so geregelt wird, um Irrsinn nicht durch den Verstand zu ersetzten.

Zum Glück ist der Erscheinungstag des Nachrichtenblattes in die Faschingszeit gefallen, sonst könnte einem buchstäblich das Lachen vergehen.

Passen Sie gut auf sich auf und verlieren Sie den Glauben an das Gute nicht.

Ihr Jürgen Walther
Bürgermeister

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