Liebe Hainewalder, liebe Leser des Nachrichtenblattes,

Gemeindeblatt vom 14. September 2012

die Redakteure der Sächsischen Zeitung muss man nicht unbedingt beneiden; sind sie doch vom Arbeitgeber angehalten, entsprechend der schlagzeilenträchtigen Bildzeitung Überschriften so in Szene zu setzen, dass der Leser den Artikel darunter zumindest im Ansatz liest. Das nennt sich Vermarktungsstrategie… So wird eben aus dem „lauten Nachdenken über eine Gemeindeehe mit Großschönau“ (Nachrichtenblatt 08/2012) gleich ein „Hainewalde will Selbstständigkeit aufgeben“ (SZ vom 1. September 2012).

Richtig ist, dass ich diesen Gedanken bewusst geäußert habe. Aber über das „Will“ entscheidet nicht nur der Bürgermeister, sondern in erster Linie der Gemeinderat. Oder, wenn man alle demokratischen Hebel ansetzen möchte, kann sogar ein Bürgerentscheid ein Ergebnis herbeiführen.

Zum Zeitpunkt des Augustnachrichtenblattes wusste ich zwar, dass die „Hochzeitsprämie“ von 100 Euro pro Einwohner nur bis Ende 2012 ausgereicht wird, der gesetzlich vorgeschriebene Zeitplan für Beschlüsse, Auslegungsfristen usw. war mir nicht bekannt. Inzwischen liegt der mögliche und sehr eng gestrickte Zeitplan vor, der bis Jahresende ein Ergebnis bringen kann.

Positive Rückmeldungen der Einwohnerschaft

Überrascht hat mich die bislang (ich schreibe heut am 09.09.12) durchweg positive Resonanz der Einwohnerschaft auf meine Gedanken. Ich werte das als einen großen Vertrauensbeweis in die bisherige Arbeit. „Wenn wir eh von Großschönau verwaltet werden und früher oder später eine Eingemeindung per Gesetz verfügt wird, dann können wir diesen Schritt auch selbst tun und über das „Wie“ mitbestimmen und zusätzlich noch eine Prämie kassieren“, ist die bestimmende Aussage. Was sich evtl. hinter den Kulissen oder am Biertisch abspielt, ist mir nicht bekannt und Facebook ist nicht das Netzwerk, dem ich angehöre.
Mein Ansinnen ist es, im Rahmen der Freiwilligkeit für Hainewalde gute Konditionen mit Großschönau zu vereinbaren, um gut funktionierende Strukturen im Kindergarten, dem Bauhof, der Freiwilligen Feuerwehr usw. zu erhalten. Am Ortseingang soll weiterhin Hainewalde stehen und alle Regelungen zum Übergang müssen bürgerfreundlich sein. Außerdem erwarte ich positive Auswirkungen für die Vereine sowie das Hainewalder Schloss als geschichtsträchtigstes Bauwerk unserer Gemeinde.

Für mich persönlich ist es unwesentlich, ob ich der Herr Bürgermeister oder in absehbarer Zeit der Ortsvorsteher bin. Zumindest so lange, wie die Wahlperiode dauert oder es der Wählerwille bestimmt. Unabhängig von der gegenwärtigen Entwicklung werde ich für mich persönliche Veränderungen nach den nunmehr elf Jahren im Ehrenamt treffen, ohne dass die Organisation der Gemeinde darunter leiden soll. Spätestens an der Stelle greift mein im Augustnachrichtenblatt gemachter Einwurf, dass eine Verwaltungsgemeinschaft ein schwerfälliges und uneffektives Gebilde ist. So erfolgt zum Beispiel die Auftragserteilung von Verwaltungsangelegenheiten der Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft (Hainewalde) an die erfüllende Gemeinde (Großschönau) laut „Gesetz über kommunale Zusammenarbeit“ mittels einer Anweisung. Das ist ein Akt, der sehr langsam zum Ziel führt und wenn einer der Akteure nicht will, geht gar nichts.

Zum Glück haben wir nach ersten Verwicklungen 2002 einen kurzen Dienstweg gefunden, der diese bürokratischen Hürden umgeht. Das funktionierte aber nur, weil in Hainewalde bisher arbeitstäglich ein ständiger Ansprechpartner zur Verfügung stand.

Morgen, am 10. September, soll der Hauptausschuss ein Votum für die Gemeinderatssitzung am 17. September zu einem „Für“ oder „Gegen“ eine Fusion mit Großschönau geben. Ich hoffe für beide Termine, dass objektive Argumente zu einer Entscheidung verhelfen und nicht persönliche Befindlichkeiten (wie sie in der Politik einstweilen vorkommen sollen…) den Ausschlag geben.

Ich werde mit jedem Resultat leben können, was dem Wohle der Bürger dient, langfristig (!) eine kontinuierliche Perspektive bildet und beim Blick über den eigenen Kirchturm hinaus den Anforderungen der Zeit gerecht wird. Veränderungen im Großen – besonders die Finanzausstattung der öffentlichen Hand – wird es durch die Auswirkungen der Eurokrise geben, ohne dass wir Einfluss darauf haben. Wir können den negativen Folgen aber vorbeugen, indem wir uns an der Basis besser organisieren. Bereits jetzt sinken die Finanzzuweisungen beständig und ich bin mir sicher, dass der Freistaat die Gemeinden, die sich bis Ende 2012 (siehe 100 Euro Zielprämie!) nicht zusammenfinden, über kurz oder lang an der ausgestreckten Hand verhungern lässt.

Mehr als je zuvor regiert Geld die Welt. Das spürt jeder privat und das ist im öffentlichen Bereich nicht anders.

Ich rufe alle Bürgerinnen und Bürger auf, mit ihren Ideen und Anregungen den Prozess der Eingliederung in Großschönau positiv zu begleiten und nach Kräften an der Umsetzung mitzuwirken.

Unser Vorteil war bisher, die Zeichen der Zeit zu erkennen und zügig darauf zu reagieren. Ich bin für Hainewalde angetreten, um den Ort vorwärts zu bringen und möglichen Schaden abzuwenden. Als Schaden würde ich es ansehen, wenn wir den aufgezeigten Weg nicht jetzt beschreiten und uns in Erwartung falscher Hoffnungen in die Hände einer unberechenbaren Zukunft begeben.

Lassen Sie uns gemeinsam kluge Ideen haben und gute Entscheidungen treffen, um im Rahmen einer Einheitsgemeinde mit Großschönau die Zukunft für alle möglichst lebenswert zu gestalten. Geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude. Ich denke, dass wir bei allen „Grausamkeiten der Zeit“ auch viel Freude haben werden.

Ihr Jürgen Walther
Bürgermeister

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