Mehr Platz für Plätzchen und Limo aus Sachsen
Menschel-Limo aus Hainewalde und Biskuits aus Laußig sind zum ersten Mal auf der Grünen Woche zu probieren. Dahinter stecken zwei Strategien.
Von Georg Moeritz

Finden Sie die Unterschiede? Die Flasche mit der roten Limo hat einen geriffelten Hals und wurde aus Russland importiert. Nun kauft Stefan Kubitz, Chef von Menschel-Limo, etwas andere Flaschen (links) aus Sachsen-Anhalt. © Robert Michael
Na, dann können die Kunden ja kommen. Mit Waldmeister- und Himbeer-Limo ist Menschel in Getränkemärkten von der Lausitz bis Dresden vertreten, zwei Biergärten in Berlin schenken im Sommer die Zitronenlimo aus. Schoko-Brause und Kinder-Cola stehen auch im Regal auf der Grünen Woche. Gurke-Zitrone soll Sorte 16 werden. Erst nach der Messe will sich Henschel mit seinem Kollegen Peter Zabel um die Etiketten kümmern. Keine Eile.
Menschel-Limo hat schließlich eine Geschichte, die bis 1899 zurückreicht. Damals soll Ernst Menschel seine Erdbeerlimonade mit der Schubkarre breitgefahren haben. Seine Nachfahren rühren eine halbe Million Liter pro Jahr mit Sirup an, fünf Mitarbeiter plus Sommer-Aushilfen packen an. In Hainewalde stehen Flaschen-Waschmaschine, Etikettier- und Abfüllmaschine.
Stefan Kubitz rechnet nicht damit, auf der Grünen Woche viele Glasflaschen zu verkaufen. Während Sachsen-Firmen wie Riesaer oder Wurzener die Messegäste mit Tüten zu je zehn Euro beglücken, geht es Kubitz eher ums Bekanntwerden. Er nutzt die Woche in Berlin zu Gesprächen mit Berliner Getränkegroßhändlern. Bei ihnen will er ins Regal. An die großen Supermarktketten dagegen wagt er sich nicht heran: Wer bei Kaufland oder Netto als Lieferant gelistet ist, muss große Mengen liefern und auf Preiswünsche eingehen. „Aus der Spirale kommt man nicht mehr raus“, sagt Kubitz. Erst voriges Jahr hat er gemerkt, wie leicht ein Hersteller in Abhängigkeiten gerät: Plötzlich bekam Menschel keinen Nachschub der markanten kleinen Flaschen mehr. „Die kamen zuvor aus Russland und der Ukraine, das Embargo hat uns geschadet“, sagt Kubitz. Ein halbes Jahr lang war Menschel in Lieferschwierigkeiten, konnte aber mit seinen Fässern an die Gastronomie und mit Halbliterflaschen die Durststrecke überwinden. Nun ist ein Flaschenlieferant in der Altmark gefunden.
Während Stefan Kubitz in Berlin um Kunden wirbt, hat Hubert Juhnke schon einen großen gefunden. Mit seinem Namen Juhnke rennt der Mann aus Laußig bei Eilenburg ohnehin in Berlin offene Türen ein. Dabei ist er kein Schauspieler, sondern Verfahrenstechniker mit Spezialgebiet Schaumgebäck. Auf einem Probiertisch hat er Plätzchen aus seiner Laußiger Biskuit-Manufaktur aufgebaut – einem Dreimannbetrieb. Juhnke will auf der Grünen Woche testen, wie seine Gebäcksorten beim Publikum ankommen: „Große Marktforschung können wir uns nicht leisten.“
Juhnke wurde angesprochen, ob er seine Produkte in Supermärkte bringen wolle. „Rewe kam zu uns“, staunt der Plätzchen-Experte. Die Supermarktkette war auf der Suche nach regionalen Produkten. Denn Laußiger Biskuit und Hainewalder Limo liegen im Trend: Laut Fachzeitschrift Lebensmittel-Praxis glauben die meisten Händler, dass sie mit Erzeugnissen „aus der Region“ gut werben und wachsen können.
Quelle: SZ-Online vom 21.01.2016