Mein Lehrer, der Hund

Heim-Kinder lernen in Hainewalde durch Hunde, was Erfolg ist – und Verantwortung

Mit ihren Hunden Nelly und Mini kommt Franka Schönfelder jeden Monat ins Kinderheim Haus Carola in Hainewalde – und dann spielen sie und lernen ganz unmerklich viel für ihr Leben. Foto: Steffen Giersch

Mit ihren Hunden Nelly und Mini kommt Franka Schönfelder jeden Monat ins Kinderheim Haus Carola in Hainewalde – und dann spielen sie und lernen ganz unmerklich viel für ihr Leben. Foto: Steffen Giersch

Tim gibt das Kommando und der Hund macht auf der Wiese eine Rolle. Gelobt wird Tim – nicht der Hund. Die beiden Hunde Nelly und Mini bekommen an diesem Nachmittag jede Menge Leckerli, wenn sie sich auf die Kunststückchen der Jungen Tim und Kevin, Connor und Lukas einlassen. Und die Jungs bekommen Selbstwertgefühl und Teamgeist vermittelt. Zumindest ist das das Ziel der tiergestützten Pädagogik im Haus Carola in Hainewalde.

Das Kinderheim des Diakoniewerks Löbau-Zittau hat Platz für acht Kinder und Jugendliche in einer Tagesgruppe und für neun Kinder, die dauerhaft hier wohnen. Kinder, die keine Eltern mehr haben oder bei denen ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit) diagnostiziert wurde und deren Eltern damit nicht umgehen können. Hier bekommen sie Therapie und Unterstützung.
In der Tagesgruppe dagegen sind Kinder, die nachmittags betreut und gefördert werden – weil das Jugendamt es angeordnet hat.
 
Einmal im Monat kommt Franka Schönfelder mit ihren Hunden Nelly und Mini zu ihnen. Jeweils zwei Jungen beschäftigen sich eine halbe Stunde lang mit den dafür geschulten Tieren. Eigentlich arbeitet Franka Schönfelder beim sozialen Dienst im Katharinenhof Großhennersdorf. Ihre Fähigkeiten als Heilpädagogin mit Ausbildung in tiergestützter Therapie bietet sie nebenberuflich an. Für Behinderte – aber auch für die Kinder im Haus Carola. Gerade nimmt sie Connors Hand und lässt ihn das Herz des Hundes spüren. Sie will zunächst Vertrauen schaffen zwischen Hund und Kind. Nelly, die größere der beiden Hündinnen, legt sich bereitwillig auf die Seite, lässt sich graulen. Der Junge begutachtet in Ruhe die Hundepfoten und die Ohren.
 
Für Connor ist es das erste Mal, dass er mit einem Hund so nahen Kontakt hat. Und es ist auch das erste Mal, dass er so friedlich mit Lukas auskommt. Julia Werner, die Leiterin des Hauses, die diese Tierstunden eingeführt hat, stellt es mit Freuden fest. Zwei Jungs, die sich sonst nicht ausstehen können, gehen angesichts der Tiere fast freundschaftlich miteinander um. Lukas, der schon sehnsüchtig darauf wartet, dass er mit Nelly an der Leine durchs Gelände laufen kann, lässt Connor den Vortritt. Er schmust einstweilen noch etwas mit der kleineren Hündin Mini. 

Erfolgserlebnisse für Kinder

»Hier haben die Kinder Erfolgserlebnisse und bekommen Bestätigung, weil sie mal etwas richtig gemacht haben«, erklärt Julia Werner das Geheimnis der plötzlichen Wandlung.
Und so wie Tim und Kevin vor ihm, lernt jetzt auch Connor mit dem Hund an der Leine Verantwortung zu übernehmen: Er kann mit ihm nicht nur herumtollen, sondern muss auch darauf achten, dass der Hund sich nicht mit der Leine verheddert. 

»Die Kinder müssen vor allem lernen, mit anderen zu kommunizieren«, sagt Julia Werner. Bei den Hunden üben sie das: das Tier freundlich ansprechen, klare Anweisungen geben, aber auch darauf achten, was der Hund möchte und darauf eingehen.

Quelle: Zeitung „Der Sonntag“, Nr.39 vom 23. September 2012, Christine Reuther

Stichworte

Neues per Email