„Schwere Zeiten“ verhindern nicht das Ja-Wort
Von Jan Lange
Hainewalde. Gertrud und Manfred Lindner feiern heute ihre diamantene Hochzeit.
Eigentlich wollten Gertrud und Manfred Lindner kein „großes Aufsehen“ um ihr Hochzeitsjubiläum machen. Doch mit dem Geheimhalten hat es nicht geklappt. Im Nachrichtenblatt der Gemeinde stand es „schwarz auf weiß“, dass sie heute ihren 60. Hochzeitstag feiern. Und so wird ihr Telefon kaum stillstehen und auch der ein oder andere Gratulant bei dem rüstigen Rentnerpaar vorbeischauen.
So turbulent wie zu ihrer silbernen Hochzeit wird es aber nicht zugehen, hofft Gertrud Lindner. Damals kamen rund 60 Gäste zum Gratulieren vorbei. „In unserer Wohnstube saßen 22 Mann von der Blaskapelle und 20 Leute von der Feuerwehr“, erinnert sich Manfred Lindner. Und dabei ist der Raum nur knapp 20 Quadratmeter groß. Die 15 Arbeitskollegen mussten sich deshalb auch ein Plätzchen in der schmalen Küche nebenan suchen.
Beim Tanz kennengelernt
Kennengelernt hatte Manfred Lindner seine Gertrud im Sommer 1946 beim Tanz im „Jägerwäldchen“. Auf den ersten Blick merkten die beiden, dass sie gut zusammenpassen.
Doch fast wäre es zum späteren Eheglück gar nicht gekommen. Gertrud Lindner ging Anfang 1947 mit einer Freundin nach Thüringen. „Da wird nichts daraus, dachte ich mir damals“, begründet die heute 84-Jährige ihren Weggang. Denn Manfred Lindner hatte sich eine andere Freundin „angelacht“. Aber schnell gemerkt, dass sein Herz nur an „seiner“ Gertrud hing. Und so machte er sich auf nach Waldfisch – der Ort gehört heute zu der knapp 3600 Einwohner zählenden Gemeinde Moorgrund im Wartburgkreis. Hier hatte „seine Liebste“ Arbeit bei einem Bauern gefunden. Unter der Bedingung, dass schnellstmöglich geheiratet wird, kehrte Gertrud Lindner mit zurück in die Oberlausitz. „Ich wurde von meiner Großmutter aufgezogen. Als sie kurz nach dem Krieg starb, hatte ich keine richtige Heimat mehr. Deshalb bestand ich auf einer festen Verbindung“, erklärt Gertrud Lindner. Am 15. November 1947 war es dann so weit: Die beiden gaben sich das Ja-Wort.
Zuvor hatte Manfreds Mutter noch versucht, ihren Sohn von dem Schritt abzuhalten. In ihren Augen war es eine schlechte Zeit zum Heiraten: Es gab schließlich kaum etwas zu essen und das wenige, was es gab, wurde nur auf Lebensmittelkarten verteilt. Doch Manfred Lindner ließ sich nicht beirren und trat mit seiner Gertrud vor den Traualtar. „Für die Hochzeitsfeier wurde ein Ziegenbock geschlachtet“, erzählt der 82-Jährige, der zu jener Zeit bei der Wismut in Aue beschäftigt war. „Und wir haben uns bei den umliegenden Bauern einen Waschkessel voll Kartoffeln zusammengebettelt“, fügt er hinzu. Nach der Feier war davon nichts mehr vorhanden.
Vertrauen ist wichtig
Dass sie seit nunmehr 60 Jahren miteinander glücklich sind, liegt an drei Dingen: Liebe, Vertrauen und Zufriedenheit. „Wenn man das hat, kann man zusammen alt werden“, steht für Manfred Lindner fest.
Vieles haben sie in den Jahren gemeinsam gemacht, nur bei einer Sache hielt sich Gertrud Lindner raus: der Feuerwehr-Leidenschaft ihres Mannes. Über 60 Jahre gehört der 82-Jährige der Hainewalder Wehr an, aus dem aktiven Dienst verabschiedete er sich allerdings schon 1991.
Quelle: sz-online.de 15.11.2007