Überglücklich wieder in der Heimat
Von Annett Weckebrod

Annett Mertens im Kindergarten "Mandauspatzen" in Hainewalde. Die 46-Jährige leitet die Kindertagesstätte, zuvor war sie elf Jahre lang in München beschäftigt. Foto: Mario Heinke
Kindergärtnerin zu sein, war schon immer der Traum von Annett Mertens. Dafür hat sie 1997 allerdings ihre Heimat verlassen müssen. “Es war eine schwere Zeit”, sagt die heute 46-Jährige. Ihren Mann und die zwei Kinder, damals acht und elf Jahre alt, musste Annett Mertens zunächst in Großschönau zurücklassen.
Annett Mertens hat zu DDR-Zeiten Kindergärtnerin studiert und arbeitete von 1985 bis 1994 im Kindergarten “Hutbergzwerge” in Großschönau. Dann wurde sie entlassen. Um nicht aus Großschönau weg zu müssen, arbeitete sie zunächst im Altersheim. Das wurde im Oktober 1995 geschlossen. Im November 1995 hatte sie ein weiteres Mal Glück, konnte im Damast- und Frottiermuseum in Großschönau eine Mutterschaftsvertretung übernehmen. Danach wurde sie arbeitslos, war mit dieser Situation unzufrieden und schickte Bewerbungen überall hin. “Ich hatte Bewerbungsgespräche in ganz Deutschland”, erzählt Mertens.
In München wurde sie durch den Tipp einer ehemaligen Arbeitskollegin fündig. “Damals haben sie in München händeringend Kindergärtnerinnen gesucht”, erzählt Mertens. Im April 1998 war es dann soweit. “Ich habe meine Koffer gepackt und bin los, ganz alleine”, sagt sie. Jedes Wochenende hat Annett Mertens den langen Weg von München nach Großschönau auf sich genommen, um bei ihrer Familie und ihren Kindern zu sein. “Manchmal wollte ich Sonntag einfach nicht losfahren”, erinnert sie sich. Die Familienzusammenführung gelang ein halbes Jahr später. “Mein Mann hat sich auch in München beworben und ist mit den Kindern im August 1998 hinterhergekommen”, sagt Mertens.
Zurück nach Hainewalde
Dass sie in München nicht alt werden wollen, wussten die Mertens von Anfang an. Im Januar 2008 kauften sie ein Haus in Großschönau. Da stand allerdings noch nicht fest, wann sie zurückkommen. “Wir wussten nur, dass wir unseren Lebensabend auf jeden Fall in der Heimat verbringen wollen”, sagt Annett Mertens. Der wichtigste Beweggrund dafür war, dass sie ihre Eltern im Alter auf keinen Fall alleine lassen wollte. “Dass es jetzt so schnell ging, war eigentlich eher Zufall”, sagt Mertens.
Ihr Mann entdeckte in der Zeitung eine Stellenanzeige. Gesucht wurde eine Leiterin für die Kindertagesstätte Mandauspatzen in Hainewalde. Zunächst machte sich Annett Mertens nicht viel Hoffnung, bewarb sich aber trotzdem. Im April 2009 wurde sie zum Vorstellungsgespräch nach Hainewalde eingeladen – und bekam die Stelle. “Ich war überglücklich”, sagt sie.
Happy End nach langen Jahren
Allerdings, und das war der Wehrmutstropfen, begann das gleiche Prozedere wie 1998, als sie die Heimat verließ. Wieder wurden die Koffer gepackt, wieder musste Annett Mertens alleine gehen, Mann und Kinder zurücklassen. So ging es erneut zwei Jahre zwischen München und Großschönau hin und her, bis Uwe Mertens im Dezember 2010 in München arbeitslos wurde und auch wieder in die Oberlausitz kam. Seit Mai 2011 hat auch er wieder Arbeit hier.
“Jetzt ist alles perfekt”, sagt Annett Mertens. Ihre Kinder zurückzulassen ist ihr dieses Mal nicht ganz so schwer gefallen, wie beim ersten Mal. “Die Kinder sind mittlerweile erwachsen und haben beide Partner in München. Sie werden wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen”, sagt sie.
Trotzdem hält die Familie regelmäßig Kontakt, kommen die Kinder oft nach Großschönau zu Besuch. “Die elf Jahre in München waren für mich eine erfahrungsreiche Zeit, die ich nicht missen möchte”, sagt Annett Mertens.
Quelle: SZ-Online vom 22.09.2011