Wie Hainewalde zu seinem Namen kam

Wenn auch die Meinungen über die Entstehung und Bedeutung des Namens Hainewalde bisher auseinandergingen und durch kein gültiges Untersuchungsergebnis bewiesen werden kann, wie unser Ort zu diesem Namen gekommen ist, so sind die folgenden Zeilen als ein Versuch zu werten, hierfür eine Erklärung zu finden.

Die vorhandenen Schöppenbücher von Hainewalde zeigen den buntesten Wechsel in der Schreibweise des Wortes Hainewalde, und zwar nicht etwa, wie zu vermuten, periodisch abgegrenzt, sondern gleichzeitig, nach Willkür und Belieben oder Geschmack des jeweiligen Schreibers.
So finden wir es bald als: Henewalde, Heinewalde, Hainewalde, Heynewalde oder Haynewalde geschrieben. Zwangsläufig drängt sich die Frage auf, welches nun die richtige und gültige Schreibart ist.

Vorerst sei darauf hingewiesen, daß der Buchstabe Ypsilon, den wir bis zum Ausgänge des vorigen Jahrhunderts in dem Namen Hainewalde verfolgen können, im deutschen Alphabet ursprünglich nicht vorhanden war. Ypsilon ist als Lehnbuchstabe erst nachträglich in das Deutsche aufgenommen und eingeführt worden und stammt aus dem Griechischen. Er fand erst im Mittelalter, besonders im 14. und 15. Jahrunder, Eingang und Verbreitung im Detuschen. Bei der närrischen und bedauerlichen Vorliebe der Deutschen für alles Fremdländische erfreute sich der Buchstabe Ypsilon bald größter Beliebtheit und weitester Verwendung. Den besten Beweis hierfür liefern die bereits angeführten Schöppenbücher von Hainewalde. Ypsilon hat sich im hiesigen Ortsname, eisenbahnbehördlich anerkannt und praktisch angewendet, bis zum Ausgang des vorhigen Jahrhunderts behauptet und erhalten. Zu dieser Zeit prangte es noch weithin sichtbar im Stationsnamen am Bahnhofsgebäude. Noch im Jahre 1888 beschloß der damalige Gemeinderat von Hainewalde, nach einem Sitzungsbericht dieses Jahres, die Kgl. Generaldirektion der Sächsischen Saatseisenbahnen angehen zu wollen mit dem Ziel, Hainewalde zukünftig nicht mehr mit y sondern mit i zu schreiben. Da das Ypsilon sprachgeschichtlich erst 200 Jahre nach Besiedlung unserer Südlausitz Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, kommt es für die Namengebung und auch die Schreibart unseres Ortsnamens in keiner Weise in Betracht. Somit scheiden die Schreibarten Heynewalde und Haynewalde als vollkommen gegenstandslos für eine weitere Untersuchung aus.

Unterziehen wir die Schreibeweise des Names Hainewalde mit “ai” oder “ei” einer weiteren Prüfung, so müssen wir zu dem Schluß kommen, daß die Schreibung auf die eine oder andere Art jedenfalls ganz absichtlos, vollständig zufällig und ganz aus persönlicher, unbewußter Einstellung des Schreibers erfolgte: denn ob er das i durch a oder e zum Doppelstimmlaut zusammenfügte, blieb in Wirkung und Aussprache ganz gleich und unterschiedslos. Hainewalde mit ai geschrieben, klingt genau so wie mit ei geschrieben.

Ein ganz anderes Gesicht erhält aber die Angelegenheit, wenn wir auf die sprachliche Entstehung, Zusammensetzung und Bedeutung des Wortes Hainewalde achten. Grammatikalisch ist Hainewalde ein zusammengesetztes Hauptwort. Wald bildet das Grundwort, zu dem als Bestimmungswort “Hain” tritt. Letzteres ist eine Nebenform von “Hag”, entstanden aus der Form “hagen” (schützen, sichern) durch Zusammeziehung, darum “Behaglich” (sich geschützt, gesichert, bequem fühlen). “Hag” bedeutet zunächst Umfriedung, Einzäunung, weiterhin Hecke, Busch, Wald. In dieser Bedeutung jedoch erweist sich das Bestimmungswort für das Grundwort als gänzlich unangebracht, ja sogar sinnwidrig, denn es drückt dann dasselbe wie das Grundwort in wenig geänderter Weise aus. Diese Verdoppelung der Bedeutung wäre eine vollständig ungerechtfertigte sprachliche Geschmacklosigkeit, die in jeder Beziehung abzulehnen wäre. Es gilt somit noch, das Bestimmungswort “Hein” mit ein kritisch zu beleuchten.
Hein bedeutet Tod. In diesem Sinne würde die Zusammensetzung aus Hein und Wald als Wortbedeutung “Totenwald” ergeben. Für diese Bedeutung liegt aber weder geschichtlich noch auf Grund legendärer Überlieferung oder überkommener Volkssage der geringste Schatten einer Begründung oder Berechtigung vor. Als “Totenwald” könnte allenfalls der Breiteberg angesprochen werden, an dem im Herbst 1467 Hussiten von den Zittauern erschlagen wurden. Da der Ort aber schon über zwei Jahrhunderte vorher seinen Namen erhalten hat, wäre dieser Name nur als Flurstücksname möglich. Bemerkt sie hierbei, daß der Name “Gräberbusch” für einige auf dem Hainewalder Ortsteil Charlottenruhe am Fuße des Breiteberges gelegene Flurstücke das Gedächtnis an das vorerwähnte Ereignis wachhält.
Nach alledem ergibt sich die Notwendigkeit, den in den Hainewalder Schöppenbüchern oft gebrauchten Namen “Henewalde” einer kritischen Untersuchung zu unterwerfen. Aus der Siedlungsgeschichte unserer Südlausitzer Bergwälder und sonstigen unwiderleglichen Quellen und Beweisen wissen wir, daß die hauptsächlich von Thüringern, Franken und Hessen in unserer Gegend angelegten Siedlungen oft und gern nach dem “Lokator”, das war der Führer des Kolonistenzuges, oder auch nach dem Grundherren des Siedlungsgebietes, genannt wurden. Der Siedlungsname sollte als Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung das ehrende Gedächtnis des Siedlungsgründers den Nachfahren überliefern. An solch unverwantwortlicher Geschmacklosigkeit, den Namen einer 1888 in Hainewalde neuerbauten Mandaubrücke für ein paar Seidel Schnaps zu verschachern, wie es die damalige Gemeindevertretung tat, litten glücklicherweise unsere Vorfahren nicht.
Bis in die Mitte des Mittelalters besaß der Deutsche nur einen Namen, den sogenannen Ruf- oder Geschlechtsnamen. Die Zunamen als Familienname kamen erst im 13. und 14. Jahrhundert in Aufnahme und Gebrauch. So erklärt sich, daß die nach den Gründern bekannten Siedlungen, deren Entstehung um das Jahr 1200 zu suchen und finden sind, immer nur einen Rufnamen erhalten. Namen wie das Dorf Henners am Seifen (Seifhennersdorf) das Dorf Kunos am Spitzberg (Spitzkunndersdorf), das Dorf Leuthars oder Lothars (Leutersdorf), das Dorf Bertholds (Bertsdorf), das Dorf Walthers (Waltersdorf) u.a. mögen hierfür als Beweis gelten.

Daß nun Hainewalde von der in der gesamten Umgebung geübten Regel abgewichen sein sollte und bei der Namengebung einen anderen Weg beschritten haben sollte, ist zu bezweifeln, um so mehr, als hierfür kein stichhaltiger Grund ersichtlich ist. Es erscheint, analog zur Namengebung der Nachbargemeinden, die Annahme voll berechtigt, daß ein Lokator oder Grundherr namens Hener, Heno, Hening, also Heinrich, unserem Orte seinen Namen gab und Henewalde nichts anderes bedeutet als Wald Heners, also Henerswalde. Das ist eine Annahme, die außer der allgemein üblichen Namengebung bei Besiedelung der Umgegend starke Stütze im Lausitzer Dialekt findet. Im Dialekt wir der name Hainewalde als Henewale gesprochen, wobei das a lang klingt und das i und da aus Bequemlichkeitsgründen ausgelassen wird. Den gleichen Vorgang beobachten wir in der Lausitzer mundartlichen Aussprache von Ortsnamen. Ganze Silben geraten dabei in Wegfall, z.B. bei dem Ortsnamen Herwigsdorf. Hier fällt im Dialekt die Silbe “wig” weg, es entsteht so Hersdorf. Es kann also mit größter Wahrscheinlichkeit die Annahme als gerechtfertigt gelten, daß der Name Hainewalde aus Henewalde entstanden ist und nichts anderes bedeutet als Wald Heinrichs, also Heinrichswalde.

Anmerkung der Redaktion: Es handelt sich hierbei um einen historischen Text. Autor und genauer Entstehungszeitpunkt sind unbekannt – wir bitten um Hilfe bei der Bestimmung

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